Panikattacken sind in der Regel harmlos, aber äußerst belastend. Meist dauern sie nur wenige Minuten, in denen das Leben der Betroffenen – vorwiegend Frauen – regelrecht aus den Fugen gerät. Wie sich diese krankhaften Angststörungen verhindern und gegebenenfalls beherrschen lassen …

Panikattacken kommen wie ein Blitz aus heiterem Himmel: Schweißausbrüche, Übelkeit, Schwindel, Herzrasen und Atemnot sind nur einige der typischen Symptome. Im Grunde genommen ungefährlich, machen sie den Betroffenen das Leben dennoch oft „zur Hölle“. Nicht selten stehen diese Todesängste aus. „Schon die Vorstellung einer eventuell drohenden Panikattacke löst vielfach bereits starke Ängste aus“, erläutert Dr. Andreas Hagemann, Ärztlicher Direktor der unter anderem auf Angsterkrankungen spezialisierten Privatklinik Merbeck im nordrhein-westfälischen Wegberg. Dass diese Attacken meist ohne vorhersehbaren Anlass wiederkehren, steigert die Beklemmung zusätzlich.

Wenige Minuten bis zu einer halben Stunde dauern die intensiven Episoden voller Furcht. Im Gegensatz zu Phobien, bei denen die Angstattacken auf bestimmte, konkrete Auslöser fixiert sind (etwa Spinnen, enge Räume etc.), lösen hier ganz unterschiedliche Anlässe und Situationen massive Befindlichkeitsstörungen aus. „Auch Phobien können Panikerleben verursachen“, stellt Dr. Hagemann klar. Häufig passiert dies zum Beispiel in Verbindung mit einer Agoraphobie: „In diesem Fall führen bestimmte Situationen, welche subjektiv als potentiell bedrohlich erlebt werden, zu extremen Ängsten, so dass diese Situationen oft gemieden werden.“

Wie entstehen Angststörungen?

Neben der erblichen Veranlagung fördern vor allem bestimmte Profile der Persönlichkeitsstruktur (mangelnde Kritiktoleranz, fatalistische Einstellung, Perfektionismus) die Entstehung von Angsterkrankungen. Auch Kindheitserfahrungen und -defizite (also etwa mangelnde Geborgenheit, Vernachlässigungen, Angsterkrankungen in der Familie etc.) sind relevant. Meist ist nicht ein einzelner Faktor Auslöser einer Angst- oder Panikattacke, sondern eine Vielzahl an Faktoren. Oftmals finden sich in den Berichten Betroffener belastende Lebensereignisse: „Stress-Situationen, wie der Tod des Partners oder der Arbeitsplatzverlust, aber auch eine anstehende wichtige Klausur gehen häufig einer Panikattacke voraus“, erläutert Dr. Hagemann. Oft werden diese begleitet von Unruhe, Schlafstörungen sowie anderen Symptomen.

Vielfach werden die Symptome von den Betroffenen ignoriert oder relativiert – und Panikattacken somit erst spät diagnostiziert. „Dabei sind die Erfolgsaussichten einer Behandlung sehr gut“, betont Dr. Hagemann.

Was ist eigentlich Angst?

Im Grunde genommen ist Angst kein Grund, sich zu schämen. Im Gegenteil: Angst begleitet uns unser Leben lang – und das seit Menschgedenken. „Von Geburt an sind wir alle unbekannten und somit potentiell gefährlichen Situationen ausgesetzt“, erklärt der Experte. „Angst ist die Reaktion auf diese Situationen. Evolutionsgeschichtlich ist sie äußerst sinnvoll, um sich vor einer realen oder antizipierten Gefahr zu schützen bzw. sich gar nicht erst in eine solche zu begeben.“

Was Angst auslöst bzw. wovor ich mich konkret fürchte, ist ganz unterschiedlich und hängt zu einem beträchtlichen Grad von individuellen Lern- und Lebenserfahrungen ab. „Junge Menschen haben weniger Erfahrungen mit dem „was so alles passieren kann“, also mit möglichen Risiken und Gefahren als ältere Mitbürger“, erläutert Dr. Hagemann, „dementsprechend gehen sie mehr Risiken ein.“

Experten setzen vielfach auf Verhaltenstherapie

Während Höhenangst, Klaustrophobie und andere spezifische Phobien nur in seltenen Fällen professionelle Hilfe erfordern, lassen sich Angst- und Panikstörungen sehr oft nur durch eine therapeutische Behandlung in den Griff bekommen. Auf Basis einer ausführlichen Patienten-Anamnese (Krankheitsgeschichte) und Diagnostik erstellen Experten individuelle Behandlungspläne.

Insbesondere die Verhaltenstherapie gilt bei Angststörungen als erfolgsversprechend: In rund 80 Prozent aller Fälle kann den Patienten erfahrungsgemäß geholfen bzw. die Zunahme weiterer Symptome verhindert werden. „Verzichtet der Betroffene auf eine Therapie, so nehmen die Beschwerden in der Regel zu, was weitreichende Beeinträchtigungen insbesondere auch für das soziale Leben – Familie, Arbeit, Freunde – haben kann“, warnt Dr. Hagemann. Statt sich mit seinen Beschwerden auseinanderzusetzen, versuchen die Erkrankten alle Situationen zu meiden, die sie in Bedrängnis bringen könnten. „Vielfach steigern sie sich in ihre Ängste regelrecht hinein und bewirken genau das, was sie versuchen zu verhindern. Sie geben der Angst mehr Raum“, führt Dr. Hagemann aus.

So kann ich selbst gegensteuern

Tritt eine Panikattacke auf, so helfen meist schon praktische Sofort-Maßnahmen: „Akzeptieren Sie die Situation und Ihre Angst als natürliche Reaktion Ihres Körpers“, rät Dr. Hagemann. „Die körperlichen Symptome sind nichts anderes als eine übersteigerte Stressreaktion. Sie ist extrem unangenehm, aber ungefährlich, nichts Schlimmes wird geschehen“, betont Dr. Hagemann. Und weiter: „Atmen Sie tief durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus, konzentrieren Sie sich auf das, was gerade jetzt in diesem Moment ist, nicht was sein könnte. Versuchen Sie sich durch positive Gedanken von dem Problem abzulenken.“

Neben diesen Akut-Empfehlungen und professioneller psychotherapeutischer Hilfe können auch kleine Schritte im täglichen Leben dabei helfen, Panikattacken entgegenzusteuern bzw. diese zumindest zu lindern. Bewährt haben sich u.a. folgende 10 Experten-Tipps:

  • regelmäßiger Ausdauersport
  • kontinuierliche Entspannungsverfahren wie etwa Autogenes Training oder Progressive Muskelrelaxation und Meditation
  • gesunde ausgewogene Ernährung
  • wenig Alkohol, Nikotin, Koffein
  • Positives Denken (durch entsprechende Programme)
  • Achtsamkeitstraining
  • ausgleichende Freizeitaktivitäten
  • angenehme soziale Kontakte (und wenn auch nur per Videochat)
  • Abbau wiederkehrender Überforderungssituationen
  • ausreichender Schlaf