Mit den ersten schönen Frühlingstagen erwacht in uns die Lust an mehr Sport und Bewegung. Joggen und Bogenschießen, Fahrradfahren und Wandern bringen wohltuende Abwechslung und gesunden Schwung in den Alltag. Doch kann Sport auch einer Depression wirksam entgegensteuern?  

Laufen Sie der schlechten Stimmung davon, raten Therapeuten. Nicht nur Herz- und Kreislauf kommen durch regelmäßige Bewegung an der frischen Luft regelrecht in Schwung: „Sportarten wie das Joggen steigern die Produktion des Neurotransmitters Dopamin im Gehirn – und somit das Gefühl für Glück und Freude“, versichert Dr. Andreas Hagemann, Ärztlicher Direktor der Privatklinik Merbeck. Darüber hinaus werden „antiinflammatorische“, also entzündungshemmende Prozesse im Körper angekurbelt. Diese können ebenfalls das Wohlbefinden fördern. Denn „bei depressiven Menschen wurden kleinste Entzündungen nachgewiesen, die sich negativ auf unser physisches und psychisches Befinden auswirken können“, so der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie.

Studien belegen: Kontinuierlicher Sport steigert nicht nur unser Glücksgefühl, sondern auch Selbstsicherheit, Selbstwertgefühl und Körperwahrnehmung.  „In Corona-Zeiten sind Joggen und andere Outdoor-Aktivitäten für unsere körperliche und psychische Gesundheit zielführender denn je“, bringt es Dr. Hagemann auf den Punkt.

Sport schützt vielfach nicht nur vor der Entstehung einer Depression: „Dieser   Therapiefaktor hilft auch wesentlich dabei, aus einer depressiven Phase herauszukommen“, weiß Dr. Hagemann aus jahrelanger Klinikerfahrung. „Ersetzen kann Sport die übliche psychotherapeutische und medikamentöse Behandlung bei (mittel-)schweren Verstimmungen allerdings nicht“, relativiert er allzu euphorische Erwartungen.

Bogenschießen sichert Entspannung pur

Neben Joggen und Radfahren gilt das Bogenschießen als Premium-Sport im Kampf gegen psychische Beschwerden wie Stresserkrankungen. „Um gezielt Entspannungsimpulse zu geben, ist dies neben Yoga eine hervorragende Alternative“, betont Dr. Hagemann. „Ich fokussiere mich auf ein Ziel, bin in diesem Moment ganz konzentriert und belastende Gedanken haben keinen Platz.“

Generell ist es für einen sportlichen Start eigentlich nie zu spät – das Okay des Hausarztes vor dem ersten Training vorausgesetzt. Ganz besonders auf die persönliche Schmerzgrenze achten sollten stark übergewichtige Menschen. „Diese haben oftmals das Gefühl für ihren Körper verloren und müssen es erst wiederfinden“, sagt der Facharzt. Dasselbe gilt für depressiv Erkrankte. „Auch sie haben oftmals ein mangelndes Körpergefühl und sollten deshalb körperliche Belastungen sanft und allmählich steigern“, rät Dr. Hagemann. „Allzu hohe Ansprüche erhöhen nur den Leistungsdruck und damit die Gefahr von Verletzungen. Mehr noch: Wenn ich meinen Ansprüchen nicht gerecht werde, zieht mich das weiter hinunter und kann zu weiteren psychischen Beeinträchtigungen führen.“

Doppeltes Vergnügen: Wandern und Waldbaden

Regelrecht antidepressiv wirken können auch Wanderungen, vorzugsweise durch den Wald. „Durch die bessere Durchblutung kommt es zu einer höheren Ausschüttung von Endorphinen, was Stimmung und Glücksempfinden zu Gute kommt“, erläutert Dr. Hagemann. Zudem werden Konzentrationsfähigkeit und Gedächtnisleistung gefördert. „Hieraus hat sich übrigens ein neuer Trend gebildet“, berichtet der Experte, „nämlich das Waldbaden als erholsame Auszeit vom Alltag.“ Neben dem Eintauchen in die Natur werden unter anderem auch die ätherischen Öle, die im Wald quasi in der Luft liegen, zur ganzheitlichen Entspannung genutzt.

Wer Sport nichts abgewinnen kann, der ist als Spaziergänger gesundheitlich auf dem besten Weg: Schon kurze Strecken fördern die Durchblutung bestimmter Gehirnregionen um bis zu ein Drittel, haben Experten errechnet. Das Ergebnis lässt nicht lange auf sich warten: Glücksgefühl, aber auch Konzentrationsfähigkeit und Gedächtnisleistung können gesteigert werden.

Auch bei „schlechtem“ Wetter lohnt sich der Weg nach draußen. Denn: Selbst ein wolkenverhangener Himmel lässt noch Sonnenlicht durch und wirkt so regelrecht belebend. Schließlich wird stimmungsförderndes Vitamin D zu 90 % durch UV-Strahlung gebildet. Damit steht es vor allem in der lichtarmen Jahreszeit in unseren Breitengraden bekanntlich nicht zum Besten.

Gartentherapie statt sportlicher Kraftakte

Wer sich nicht viel bewegen möchte oder kann, dem bietet gegebenenfalls auch der heimische Garten einen wahren Cocktail beglückender Momente: „Gartenarbeit ist meditativ und kann dabei helfen, Ängste und Stress abzubauen“, betont Dr. Hagemann. Aus diesem Grund wird die Gartentherapie in den USA längst nicht nur bei Herzinfarktpatienten erfolgreich angewandt. Nachweislich bewährt hat sie sich auch bei depressiven und dementen Menschen oder bei neurologischen Problemen.