Partner depressiver Menschen sind häufig selbst schwermütig: Studien belegen, dass etwa 40 Prozent von ihnen unter ernsthaften Verstimmungen leiden. Ein gemeinsamer Therapie-Ansatz könnte betroffenen Paaren besser helfen. 

Ist ein Mensch depressiv, so belastet das meist auch den Partner erheblich: Niedergeschlagenheit, Antriebs- und Hoffnungslosigkeit sowie andere Beschwerden machen nicht nur den Betroffenen das Leben schwer. „Auch Angehörige depressiver Menschen stehen psychisch dadurch permanent unter einer erheblichen Belastung“, weiß Dr. Andreas Hagemann, Ärztlicher Direktor der Privatkliniken Duisburg, Eschweiler und Merbeck, aus jahrelanger Praxis. „Schließlich ist es schwer erträglich, Tag für Tag mitzuerleben, wie besonders nahestehende Menschen, die früher eventuell sogar besonders unbeschwert und lebensfroh waren, plötzlich in ein tiefes seelisches Loch fallen“, erläutert der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie.

Studien belegen das unterschätzte psychische Risiko für Angehörige: Demnach leiden ca. 40 Prozent aller Partner depressiv Erkrankter selbst unter erheblichen Verstimmungen. Doch vielfach sind die Partner mit ihrem Kummer alleine: „Häufig konzentriert sich alles auf die Erkrankten. Sie stehen im Mittelpunkt des Interesses und der Anteilnahme,“ berichtet Dr. Hagemann. „Die Partner werden mit ihrem Leid und Druck schlichtweg nicht gesehen.“ Nicht selten entwickeln sie zudem Schuldgefühle, da sie sich mitverantwortlich für die gesundheitliche Verfassung des Partners fühlen. „Insbesondere die eigene Machtlosigkeit, an dem kaum aushaltbaren Zustand des geliebten Menschen etwas ändern zu können, ist für viele belastend“, so der Facharzt.

So geht es leichter in der Partnerschaft

Das Zusammenleben mit einem depressiven Menschen erfordert erhebliche psychische Widerstandskraft, medizinisch als Resilienz bezeichnet. „Überfordern Sie sich nicht und sorgen Sie auch für sich selbst“, rät Dr. Hagemann deshalb auch Partnern psychisch kranker Menschen eindringlich. Nicht ohne Grund werden Entspannungs- und Meditationskurse – fester Bestandteil der Behandlung von Depressionen – auch Angehörigen sehr nahegelegt. „Regelmäßige Entspannung ist wichtig für die Regeneration von Körper und Geist“, erläutert Dr. Hagemann. „Sowohl Patient als auch Partner werden dadurch zudem in die Lage versetzt, besser mit belastenden Situationen und Stress umzugehen.“ Besonders bewährt haben sich hierbei laut Experten die Progressive Muskelrelaxation sowie Autogenes Training.  Zunehmend werden auch Meditations-Apps zur Entspannung eingesetzt.

„Gut wäre es, wenn der Partner grundsätzlich stärker in die Therapie mit einbezogen würde“, betont Psychotherapeut Hagemann. „Zugrundeliegende Konflikte und Krisen, die auch die Partnerschaft betreffen können, sollten dabei angeschaut und idealerweise aufgelöst werden“, empfiehlt der Experte. „Die Krise kann so für eine bessere Partnerschaft mit einem tieferen Austausch auf Augenhöhe genutzt werden.“

Zudem sollte die Psychoedukation, d.h. die Aufklärung über die Erkrankung, integraler Bestandteil jeder Therapie sein. „Das fördert das Verständnis über das Wesen der Erkrankung sowie die Behandlungsmöglichkeiten und baut die Machtlosigkeit gegenüber der Erkrankung ab“, erläutert Dr. Hagemann.

Zeigen Sie Verständnis

Dank fundierter therapeutischer Hilfe könnten Partner depressiver Menschen besser mit der belastenden Situation umgehen. Dass dies nicht einfach ist (vor allem wenn sich Depressive abweisend oder teilnahmslos verhalten), wissen viele Angehörige aus eigener leidvoller Erfahrung – insbesondere bei langanhaltenden depressiven Phasen des Partners. „Nicht selten kann eine solche Krise mit ihren hohen Herausforderungen und Belastungen aber eine Beziehung auch festigen“, betont Dr. Hagemann.

Worauf im Umgang mit depressiven Menschen besonders zu achten und wann sofortige ärztliche Hilfe notwendig ist, erfahren Angehörige bei Selbsthilfegruppen wie dem „Bundesverband der Angehörigen Psychisch Kranker“ oder der „Deutschen Depressionshilfe“.  Fundierte Informationen über die Erkrankung und deren typische Symptome helfen nicht nur dem Patienten bei der Einordnung seiner Beschwerden. „Partnern, die über Ursachen und Hintergründe einer psychischen Erkrankung umfassend Bescheid wissen, fällt es in der Regel auch leichter, die Betroffenen sinnvoll zu unterstützen“, berichtet Dr. Hagemann.